161
Gutes oder etwas recht Schlechtes." Zu den Künsten und
Wissenschaften, die nur zum Vergnügen oder zur feineren
Bildung dienen, zeigte er keine Lust, namentlich war er der
Musik ganz unkundig. Wenn er sich daher später als Jüng-
ling in einer Gesellschaft befand und ihm von Andern die
Lyra oder Cither zum Spielen gereicht wurde, lehnte er sie
ab und sagte: „Die Lyra und Cither zu spielen verstehe ich
nicht, aber eine kleine Stadt groß und berühmt zu machen,
das verstehe ich." Sein ganzes Dichten und Trachten war
auf das Kriegswesen und die Verwaltung des Staates ge-
richtet, und nur, was daraus Bezug hatte, betrieb er mit
Eifer und Nachdruck. Sein Inneres durchglühte die Begierde
nach Ruhm. Als durch den Sieg bei Marathon Miltiades
Name vor allen Griechen verherrlicht ward, sah man ihn in
Gedanken versunken einhergehen, die Nächte schlaflos zubringen
und die Trinkgelage seiner Freunde vermeiden.. Wenn er
nach der Ursache dieser plötzlichen Veränderung gefragt wurde,
antwortete er: „Das Siegesdenkmal des Miltiades läßt mich
nicht schlafen." Während das Volk glaubte, daß die Nieder-
lage der Barbaren bei Marathon das Ende des Krieges sei,
sah Themistokles nur den Anfang zu größeren Kämpfen.
Sein größtes Verdienst war die Gründung der Athenischen
Seemacht, denn gerade diese war es, wodurch Ferxes besiegt
ward. Es gehörte aber die Beredtsamkeit des Themistokles
dazu, die Athener zum Bau einer Flotte zu bewegen, und
es traf ihn von Seiten vieler Gegner der Vorwurf, daß er
dem Volke Speer und Schild genommen und es auf die
Ruderbänke verbannt habe. Dennoch gelang es ihm auf fol-
gende Weise.
Die Athener pflegten die Einkünfte des Laurischen Berg-
werks unter die einzelnen Bürger zu vertheilen^ Themistokles
beredete sie, diese Einkünfte zum Bau von 300 Dreiruderern
zu verwenden, indem er den Krieg gegen die Einwohner der
Insel Regina, den Athen damals führte, zum Vorwand nahm.
So wurde auf seinen Rath die Flotte gebaut, die Griechen-
lands Freiheit rettete.
Ein Zeitgenosse des Themistokles war Aristides, der
Sohn des Lysimachos. Ungeachtet seiner großen Armuth
zeigte er sein Leben lang eine solche Uneigennützigkeit und
Stacke, Griech. Geschichte. 10. Aufl. 11
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Extrahierte Personennamen: Marathon_Miltiades Regina
163
mann antwortete: „Nichts, ich kenne den Mann nicht einmal,
nur verdrießt es mich, daß ich ihn immer den Gerechten
nennen höre." Darauf schrieb Aristides seinen eigenen Namen
auf die Scherbe und gab sie ihm. Als er die Stadt verließ,
erhob er die Hände gen Himmel und flehte, daß doch niemals
eine Zeit kommen möchte, wo die Athener genöthigt wären,
seiner zu gedenken. Doch kehrte er schon im vierten Jahre
seiner Verbannung zurück.
Als nun Terxes mit seinem Heere und seiner Flotte gegen
Griechenland anzog, schickten Die Athener Boten nach Delphi,
den Gott um Rath zu fragen. Der aber gebot ihnen, sich
hinter den hölzernen Mauern zu vertheidigen. Es er-
hob sich unter den Athenern großer Streit über den Sinn
dieser Worte, doch der scharfsinnige Themistokles überzeugte
seine Mitbürger, daß unter den hölzernen Mauern die Schiffe
zu verstehen seien, und daß das Orakel den Athenern befehle,
den Persern Widerstand zur See zu leisten.
Die Griechen sandten nun Boten an die Städte und
forderten sie zu gemeinsamer Hilfe aus, doch nicht alle zeigten
sich dazu bereit. Die Argiver versagten die Theilnahme aus
Haß gegen Sparta. Andere Gesandte reisten nach Sicilien,
um mit Gelon, König von Syrakus, zu unterhandeln. Gelon
war bereit, die Griechen mit einer Flotte von 200 Kriegsschiffen,
mit einem Heere von 28,000 Mann und Korn für das ganze
verbündete Heer zu unterstützen, dies Alles aber nur unter
der Bedingung, daß ihm die Griechen die Oberanführung
gegen die Perser übertrügen. Als einer der Gesandten, ein
Lacedämonier, die Bedingung hörte, hielt er sich nicht länger,
sondern sagte: „Wie würde es den Pelopiden Agamemnon
schmerzen, wenn er hörte, daß den Lacedämoniern durch den
Gelon und die Syrakusier die Oberanführung entrissen worden
sei! Daran denke nicht weiter; wenn du den Griechen helfen
willst, so mußt du unter dem Befehl der Lacedämonier stehen,
willst du dir aber nicht befehlen lassen, so brauchst du uns
auch nicht zu helfen." Zuletzt mäßigte Gelon seine Forderung,
er verlangte den Oberbefehl entweder über die Landmacht oder
über die Flotte, dem aber widersprach der Athenische Gesandte:
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168
daß Themistokles, als ein Mann, der keine Heimath mehr
besitze, gar nicht mitzureden habe, wies ihn Themistokles mit
den Worten zurück: „Wir haben, o Armseliger, unsere Woh-
nungen und Mauern verlassen, da wir um lebloser Dinge
wegen keine Sklaven werden wollen: unsere Stadt aber ist
die größte von allen Griechischen und beruht auf unseren
zweihundert Dreiruderern, die jetzt zu eurer Rettung bereit
stehen. Wenn ihr uns aber verrathet, so sollen die Griechen
erfahren, daß die Athener eine freie Stadt und ein Land
besitzen, das dem verlorenen nicht nachsteht." Dann zum
Eurybiades gewendet, schloß er mit den Worten: „Wenn du
hier bleibst und dich als einen wackern Mann zeigst, gut!
wo nicht, so wirst du Griechenland verderben. Denn die
Hauptstütze des Krieges sind unsere Schiffe. Darum folge
meinem Rathe. Wenn du das nicht thust, so nehmen wir,
so wie wir sind, unsere Hausgenossen an Bord und fahren
von dannen, um in Italien eine neue Heimath zu suchen.
Ihr aber, von unserem Beistände verlassen, werdet an mein
Wort gedenken."
Da änderte Eurybiades seine Meinung und die Griechen
rüsteten sich bei Salamis zur Schlacht. Bald zeigte sich auch
die Persische Flotte in den Gewässern von Salamis. Als
aber die Landmacht der Feinde nach dem Peloponnes auf-
brach, ergriff die Griechen von neuem Angst, und sie wären
nach dem Peloponnes gesegelt, wenn nicht Themistokles diesen
Plan durch eine List vereitelt hätte. Er schickte einen treuen
Sklaven, Sikinnos, zu den Feinden und ließ ihn also reden:
„Mich sendet der Oberst der Athener ohne Borwissen der
andern (denn er ist auf des Königs Seite und wünscht lieber,
daß ihr, als daß die Griechen die Oberhand gewinnen), euch
zu sagen, daß die Griechen voll Furcht sind und über ihre
Flucht berathen. Jetzt könnt ihr die herrlichsten Thaten ver-
richten, wenn ihr sie nicht entfliehen laßt, denn sie sind uneinig
unter einander und werden euch keinen Widerstand leisten,
und ihr werdet sehen, daß sie gegen einander streiten, da die
einen für, die andern gegen euch sind."
Die Feinde schenkten dieser Nachricht Glauben. Eine
Abtheilung der Perser landete auf der kleinen Insel Psyttalea,
die zwischen Salamis und dem festen Lande liegt, um die
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175
Verstecke, wie Pausanias die Unterhandlungen mit dem König
und die Ermordung der früheren Boten, die ihm der Schutz-
flehende vorwarf, eingestand. Auch schwor Pausanias dem
Manne Sicherheit zu und forderte ihn aus, ihn nicht zu ver-
rathen, sondern bald abzureisen.
Die Obrigkeit veranstaltete nun seine Verhaftung in der
Stadt. Als er aber auf der Straße ergriffen txerden sollte,
merkte er aus der Miene eines Aufsehers, womit man umging,
und lies in einen Tempel der Athene. Hier wurde er einge-
sperrt und die Pforte vermauert; seine schon hoch bejahrte
Mutter soll den ersten Stein herbeigetragen haben. Die
Spartaner umlagerten ihn, um ihn auszuhungern. Als er
dem Verscheiden nahe war, ward er halbtodt herausgetragen,
und gab sogleich den Geist auf. Anfangs wollte man ihn
in die Schlucht werfen, worein man die Verbrecher stürzte;
der Gott zu Delphi aber gebot, ihn da zu begraben, wo er
gestorben war.
Xxi.
Fernere Geschichte des Themistokles.
Auch nach dem Perserkriege gab sich Themistokles nicht
der Ruhe hin, sondern war unablässig bemüht, seine Vater-
stadt Athen zum ersten Staate Griechenlands zu erheben.
Da er erkannt hatte, daß Athen durch seine Lage am Meere
auf die Herrschaft zur See hingewiesen sei, so wurde auf
einen Rath der geräumige Hasen Piräeus, der damals noch .
nicht gebraucht ward, erweitert und mit Mauern umgeben.
Auch sorgte er stets für die Vermehrung der Flotte. Noch
größer aber war sein Verdienst, daß er den Wiederaufbau
der Mauern Athens betrieb und ihn trotz der Hindernisse, die
ihm die Lacedämonier in den Weg legten, glücklich zu Stande
brachte. Denn diese suchten den Bau der Mauern, sobald
sie davon Kunde erhielten, aus allen Kräften zu hintertreiben,
unter dem Vorwände, daß außerhalb des Peloponnesos keine
Stadt Mauern haben dürfte, damit sie den Persern bei einem
erneuerten Einfall keinen festen Haltpunkt gewähre; in Wahr-
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176
heit aber wollten sie die aufblühende Macht der Athener, auf
deren Größe und Ruhm sie eifersüchtig waren, bei Zeiten
unterdrücken. Sie schickten daher Gesandte nach Athen, um
den Aufbau der Mauern zu verhindern. Während der An-
wesenheit der Gesandten stellten die Athener den Bau ein
und versprachen, selbst Gesandte über diese Angelegenheit nach
Sparta zu schicken. In der That reiste Themistokles ab, ließ
aber den Athenern die Weisung zurück, die übrigen Gesandten
erst dann nachfolgen zu lassen, wenn die Mauer eine hinläng-
liche Höhe, um sich dahinter vertheidigen zu können, erreicht
haben würde; inzwischen sollten alle Einwohner ohne Unter-
schied, Männer, Weiber und Kinder, an dem Mauerbau
arbeiten, weder eigene noch öffentliche Gebäude schonen, sondern
Alles abtragen, was man irgend zu dem Werke brauchen
könnte. Nachdem er ihnen die Weisung gegeben hatte, reiste
er ab.
In Sparta meldete er sich aber nicht gleich bei der
Negierung, sondern wartete unter allerlei Vorwänden, und
wenn man ihn fragte, warum er nicht öffentlich auftrete, so
sagte er, er erwarte seine Mitgesandten, die eines Geschäfts
wegen zurückgeblieben seien, er hoffe jedoch, daß sie bald ein-
treffen würden und wundere sich, daß sie noch nicht da seien.
Die Spartaner glaubten ihm. Als sie aber die bestimmte
Nachricht erhielten, daß die Mauer gebaut werde und bereits
eine gewisse Höhe erreicht habe, so bat sie Themistokles, diesem
Gerüchte keinen Glauben zu schenken, sondern einige rechtliche
Männer zur Untersuchung nach Athen zu schicken. Dies thaten
sie. Themistokles gab aber den Athenern den Rath, die
Spartanischen Gesandten nicht eher zu entlassen, bis auch
ihre Gesandten zurückgekehrt wären. Denn es waren nun
schon die andern beiden Gesandten nach Sparta gekommen,
mit der Anzeige, daß die Mauer schon weit genug gediehen
sei. Jetzt trat Themistokles öffentlich aus und erklärte, die
Athener besäßen Einsicht genug, um auch ohne die Lacedä-
monier zu entscheiden, was ihnen und ihren Bundesgenossen
heilsam sei, und hätten deshalb ihre Stadt mit Mauern um-
geben. Die Lacedämonier verbargen ihren Unwillen und
ließen, um ihre eigenen Gesandten zurückzuerhalten, den The-
mistokles und seine Mitgesandten nach Athen abreisen.
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182
erduldet, gegen ihn, da er zu dem Zuge gerathen hatte, und
er wurde zur Strafe zehn Jahre aus der Stadt verbannt
und mit dem Namen eines Lakonenfreundes belegt.
Während Cimons Verbannung geriethen die Athener mit
den Spartanern in offenen Krieg. Ein Spartanisches Heer
stand gerade in Böotien, und die Athener lebten, da viele
ihrer Bürger mit den Feinden ein heimliches Einverständniß
unterhielten, in großer Angst. Sie schickten daher ein Heer
nach Böotien, ihnen den Weg zu versperren, und bei Tanagra i%.
(457) kam es zur Schlacht. Vor Beginn des Kampfes eilte
Cimon mit seinen Waffen herbei und stellte sich in sein Glied,
aber die Athener trauten ihm nicht und argwöhnten, er würde
den Feinden den Sieg in die Hände spielen. Daher wiesen
sie ihn ab; Cimon aber beschwor seine Gefährten, denen eben-
falls mißtraut ward, jetzt durch Thaten den ungegründeten
Verdacht zu widerlegen. Es waren ihrer hundert und sie
fielen alle nach rühmlichem Kampf. Doch erfochten die Spar-
taner den Sieg.
Nach dieser Niederlage riefen die Athener den Cimon
zurück, und sein Gegner Perikles selbst hatte auf seine Zurück-
berufung angetragen. Cimons erstes, aber mit vielen
Schwierigkeiten verknüpftes Geschäft war die Aussöhnung
zwischen Athen und Sparta, die er endlich zu Stande brachte.
''y Da aber die Athener keine Ruhe halten konnten, suchte Cimon,
um sie von einheimischen Kriegen abzuwenden, den Kampf
gegen die äußeren Feinde, gegen die Perser wieder zu er-
neuern. Er segelte mit einer Flotte gegen die Inseln Cvpern.
-Doch hier war ihm das Ziel seines Lebens gesteckt. Ein
< ^ Traum kündigte ihm seinen bevorstehenden Tod an. Er
starb nach einer Nachricht an einer Verwundung, die er bei
der Belagerung der Stadt Citium erhalten hatte, nach einer
andern Nachricht an einer Krankheit (Ml, v. Chr.). Die
Athener hoben die Belagerung aus, doch wurde sein Tod
dem Heere verheimlicht, und es war, als ob noch nach seinem
Tode sein Geist es zu dem Siege führte, den es bei Sala-
mis auf der Insel Cypern über die Persische Macht zu
Wasser und zu Lande erfocht. Der Leichnam Cimons ward
nach Attika gebracht und dort beigesetzt.
r^ £ t / M V-yf.
u 6 1 ■ /
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183
Xxiii.
Perikles.
Perikles war der Sohn jenes Tanthippos, der in der
Schlacht bei Mvkale die Athener zum Siege gegen die Perser
führte. Einst träumte Agariste, die Gemahlin des Tanthip-
Pos, sie bringe einen Löwen zur Welt, und nach wenigen
Tagen gebar sie den Perikles, der bei sonst untadeliger
Körperbildung sich durch die ungewöhnliche Länge seines
Kopfes auszeichnete. Daher stellten ihn in der Folge die
Künstler in ihren Bildnissen mit einem Helme bekleidet dar,
die Attischen Dichter aber nannten ihn den Meerzwiebelkopf.
Unter seinen Lehrern war er am meisten dem Philosophen
Anara guxas ergeben, den er auch späterhin als Freund ',u> "L
verehrte und in seinem Hause behielt. Als jedoch Perikles ^ •• ,,
einst von Staatsgeschäften überhäuft, den greisen Anaxagoras
vernachlässigte, beschloß dieser, aus Gram über die Zurück-
setzung, sich durch Hunger zu tödten. Kaum hatte dies Pe-
rikles gehört, als er zu dem Philosophen eilte, und ihn in-
ständig bat, sein Vorhaben aufzugeben und den Staat nicht
eines so trefflichen Nathgebers zu berauben. Da enthüllte
Anaragoras sein Gesicht und sagte: ,,O Perikles, wer eine
Leuchte braucht, gießt Oel darauf." Der Umgang mit diesen:
Manne, und seine Unterhaltung von den erhabensten Er-
scheinungen der Natur hatte auf Perikles den bedeutendsten
Einfluß: durch ihn eignete er sich jenen Ehrfurcht gebietenden
Sinn und jene Erhabenheit der Sprache an, die ihren Ein-
druck auf die Zuhörer nie verfehlte. Auf seinem Antlitze
ruhte ein feierlicher Ernst, der sich nie zum Lachen hinreißen
ließ; sein Gang war langsam und gemessen, auf der Redner-
bühne verrieth er nicht wie spätere Redner pflegten, durch
heftiges Hin- und Herwerfen des Mantels irgend eine Leiden-
schaft. Gegen Beleidiger zeigte er sich sanft und versöhnlich.
Einst hörte er einen ganzen Tag lang auf dem Markte die
Schmähungen eines gemeinen Bürgers mit schweigender Ge-
duld an, und als ihn dieser bei einbrechender Nacht mit seinen
Lästerungen sogar bis nach Hause verfolgte, befahl Perikles
einem Diener, eine Fackel zu nehmen und den Beleidiger nach
Hause zu geleiten.
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188
Samier wurden (440) von Perikles nach hartnäckigem Wider-
stände zur Unterwerfung gezwungen. Als er aus diesem
Kriege zurückkehrte, hielt er den im Kriege Gefallenen eine
herrliche Leichenrede und ließ ihnen herrliche Gräber bereiten.
Er selbst rühmte sich seines Sieges, indem er sagte: „Aga-
memnon habe in zehn Jahren nur eine Stadt der Barbaren
eingenommen, er habe in neun Monaten die Mächtigsten
unter den Jonischen Griechen unterworfen."
Die Zahl der Feinde Athens ward noch größer, als die
Athener sich in einen Krieg der Korinthier gegen die Korcyräer
mischten und letzteren mit einer Flotte zu Hülfe kamen, wo-
durch die Korinthier in einer Schlacht zum Rückzug genöthigt
wurden. Dazu kam noch, daß die Athener die Stadt Potidäa
aus der Halbinsel Chalcidike, die zwar eine Pflanzstadt der
Korinthier, aber doch den Athenern zinspslichtig war, belagerten,
weil sie dem Gebote, einen Theil ihrer Mauern abzureißen
und eine Athenische Besatzung aufzunehmen, nicht Folge ge-
leistet hatten. Nun traten Korinthier und Megarenser vereint
in Sparta aus und erhoben heftige Klagen über Athens Un-
gerechtigkeit und Herrschsucht, um die Spartaner zu einem
Kriege gegen den verhaßten Staat zu bewegen. Wie sich
nun der allgemeine Unwille laut gegen die Athener aussprach,
so traf er insbesondere den Perikles, den alle als den Urheber
der harten Maßregeln gegen die Bundesgenossen betrachteten.
Dennoch rieth Perikles in einer Versammlung dem Volke,
nicht nachzugeben und reizte es zum Widerstand gegen die
Spartaner und deren Verbündete auf, indem er den Athenern
zeigte, daß sie an Hülfsmitteln zum Kriege den Gegnern
weit überlegen wären. So kam denn der furchtbare Krieg,
der, weil sich die meisten Staaten des Peloponneses wid»r
Athen verbanden, der Peloponnesische heißt, zum Aus-
bruch, und Griechenland wurde der Schauplatz eines 27säh-
rigen 431—404 v. Chr.) Kampfes, der nicht allein die
Blüthe Athens vernichtete, sondern auch die guten alten Sitten
der Griechen überhaupt untergrub.
Archidamos, König von Sparta, rückte mit einem Heere,
das aus Lacedämoniern und Peloponnesischen Bundesgenossen
bestand, in Attika ein und verwüstete diese Landschaft bis in
die Nähe von Athen. Perikles ließ alle Bewohner des Landes
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189
mit ihren Habseligkeiten sich nach Athen flüchten, wo nun
eine so ungeheure Menschenmenge zusammenkam, daß selbst
Mauerthürme, Tempel und Kapellen bewohnt wurden. Ob-
gleich die Athener vor Kampfeslust brannten, hielt es Perikles
doch für bedenklich, gegen ein Heer von 60,000 Mann ins
Feld zu ziehen. Nur mit Mühe konnte er den Ungestüm der
Bürger im Zaum halten, und um nicht Wider seinen Willen
zur Schlacht gezwungen zu werden, hielt er in jener Zeit
keine Volksversammlung. Den dringenden Bitten seiner Freunde,
die ihn zur Schlacht zu bewegen suchten, den Drohungen und
Beschuldigungen seiner Feinde setzte er gleiche Standhaftigkeit
entgegen und ließ sogar Spott- und Schmähgedichte ruhig
über sich ergehen. Sein Plan war den Feinden zur See zu
schaden: er schickte daher eine Flotte von 100 Schiffen aus,
welche die Küsten des Peloponneses verheerte. Bald zogen auch
die Peloponnesier, denen die Vorräthe ausgingen, nach Hause.
Im nächsten Jahre (439) wiederholten die Feinde ihren
verheerenden Einfall in Attika, doch gesellte sich in diesem
Jahre zu dem äußern Feinde noch ein innerer, jene verderb-
liche Pest, die wahrscheinlich aus Afrika oder Asien zu Schiffe
nach Europa gebracht war, und in Athen eine unzählige
Menge von Menschen hinwegraffte. Die Hitze des Sommers,
die Ueberfüllung der Stadt mit Landbewohnern, die sich
größtentheils mit kleinen, dumpfigen Hütten behelfen niußten,
vermehrte die Wuth der Krankheit. Den Kranken wurden
Augen, Zunge und Schlund seuerroth entzündet, innere Hitze
und brennender Durst quälten sie aus das äußerste. Geschwüre
in den Eingeweiden und auf der Haut vermehrten den Schmerz,
und eine ertödtende Muthlosigkeit erschwerte das Leiden.
Furchtbar war die Verheerung, welche die Seuche anrichtete,
furchtbarer aber noch der Einfluß, den sie aus die Gemüther
der Menschen ausübte. Der Glaube an die Götter schwand,
die Neichen und Wohlhabenden ergaben sich allen sinnlichen
Lüsten, die Frevelhaften verloren alle Scheu vor den Gesetzen.
Das Sittenverdcrbniß, das aus dieser heillosen Krankheit ent-
sprang, dauerte daher weit länger, als das Uebel selbst. Und
da sich nun bei den ungeheueren Leiden der Athenischen Be-
völkerung aller Ingrimm gegen den Perikles wandte, den man
für den Urheber des Unglücks hielt, so entsetzte das Volk
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Extrahierte Ortsnamen: Athen Attika Afrika Asien Europa Athen
19
So sollte die Stadt von zwei Seiten angegriffen werden.
Doch Theseus erhielt Kunde von ihrem Anschlage, überfiel sie
im Hinterhalte und tödtete sie sämmtlich, worauf auch die
andere Schaar der Pallantiden wieder in die Heimath zog.
In der Umgegend von Athen hausete ein wilder Stier,
der die Felder und Saaten der Einwohner verheerte. Theseus,
der die Gunst des Volkes zu gewinnen suchte, zog aus, ihn
zu erlegen. Es gelang ihm, den Stier lebendig zu fangen,
er trieb ihn durch die Stadt und opferte ihn dann dem Apollo.
Doch Theseus größtes Verdienst war, daß er die Athener von
dem grausamen Menschenopfer, daß sie damals im Begriff
waren zum dritten Male nach der Insel Kreta zu schicken,
befreite.
Ueber Kreta herrschte König Minos, der sich durch seine
Seemacht auf dem ganzen Aegeischen Meere furchtbar gemacht
hatte. Sein Sohn Androgeos hatte einst in Athen alle
Bürger in den Wettkämpfen besiegt und war deshalb von
ihnen aus Haß meuchlings getödtet worden. Um den Tod
seines Sohnes zu rächen, unternahm Minos einen Zug gegen
Athen und belagerte die Stadt, die er auf das Aeußerste be-
drängte. Dazu lastete der Zorn der Götter wegen der be-
gangenen Frevelthat auf den Bürgern. Die Felder gaben
keinen Ertrag, Seuchen wütheten in der Stadt, die Flüsse
versiegten. Die Noth erreichte den höchsten Grad. Da gebot
das Orakel den Athenern sich mit Minos auszusöhnen, dann
würden ihre Leiden ein Ende nehmen. Doch der Sieger legte
den Athenern eine harte Bedingung aus. Sie mußten neun
Jahre lang jährlich sieben Jünglinge und sieben Jung-
frauen nach Kreta schicken. Auf dieser Insel hatte aber Minos
das Labyrinth, ein ungeheures Gebäude, errichten lassen,
aus deffen mannigfach verschlungenen Jrrgängen Niemand
den Ausweg finden konnte. In diesem Labyrinthe trieb der
Minotaurus sein Wesen, ein Ungeheuer, halb Mann, halb
Stier, das eine gewaltige Keule schwang. Wenn nun die
zum Tode bestimmten Jünglinge und Jungfrauen in Kreta
ankamen, wurden sie nach einander unbewaffnet in das Laby-
rinth geführt, und da sie den Rückweg nicht auffinden konnten,
fielen sie als ein Opfer des Minotaurus.
Als Theseus in Athen angelangt war, sollte gerade dieses
2»
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